Ich bin in diese Woche mit gemischten Gefühlen gestartet. Die aktuelle Situation in Lützerath zeigt mir gerade noch einmal, wie wichtig es ist, sich gerade jetzt für wichtige Themen einzusetzen und die eigene Stimme zu nutzen. Auch wenn vieles hoffnungslos erscheint, bleibt uns am Ende doch immer die Möglichkeit, selbst aktiv zu werden und für die Themen einzustehen, die uns persönlich wichtig sind. Doch wie ist das möglich? Dieser Frage versuche ich heute mal nachzugehen.
Seitdem ich Ende 2017 mein eigenes nachhaltiges Startup gegründet habe, beschäftigt mich die Frage, wie gesellschaftlicher Wandel eigentlich möglich ist. Also wie bekommen wir es hin, wirkliche Veränderungen anzustoßen, die die vielen Krisen lösen können. Mir geht es dabei vor allem um meine eigene Rolle. Also die Möglichkeit, mich selbst einzubringen, wirksam zu sein.
In meiner Rolle als Gründerin war mir ganz klar, dass ich durch mein unternehmerisches Tun mein Veränderungspotential nutzen konnte und deshalb ja auch gegründet habe. Ich habe mich wirksam gefühlt und wusste, wofür ich meine Zeit nutze. Als ich dann letztes Jahr im Sommer meine Rolle als Geschäftsführerin bei „Mit Ecken und Kanten“ abgab, fiel dieser Teil plötzlich weg. Mich überkam ein Gefühl der Ohnmacht und des Zweifelns. Ich war unsicher und gleichzeitig wusste ich, dass ich mich weiterhin für eine gerechtere Gesellschaft einsetzen wollte. Doch wie genau kann das aussehen, fern von der Rolle als Gründerin?
Durch meine Ausbildung zur systemischen Coachin habe ich gelernt, dass eine Veränderung im Inneren ganz stark dazu beitragen kann, bestimmte Sachen im Außen zu verändern. Emilia Roig schreibt in ihrem Buch „Why we matter“ (2021, S. 364): „In diesem Fall muss ich mich selbst verändern, um die Welt zu verändern.“
Sie zitiert in ihrem Buch auch Martin Luther King, der sagte: „Nur durch eine innere spirituelle Transformation gewinnen wir die Kraft, die Übel der Welt in einer demütigen und liebevollen Weise energisch zu bekämpfen.“ (Roig, 2021, S. 364).
Mich hat Roig damit sehr stark zum Nachdenken angeregt und so begann ich zu überlegen, welche Rolle meine Coachingarbeit im Umgang mit gesellschaftlichen Herausforderungen haben kann. Was wäre, wenn wir Coaching nicht nur als Instrument für innere Transformation sähen, sondern auch als Tool für äußere Transformation? Am Ende hängen beide Arten, also die innere und äußere Transformation, immer zusammen. Die eine funktioniert nicht ohne die andere und vice versa. Damit meine ich, dass es essentiell ist, sich mit sich selbst zu beschäftigen, um herauszufinden, wie ich ein aktives Leben leben kann. Also ein Leben, in dem ich aus der Bequemlichkeit ausbreche und aktiv hinterfrage, wie ich meine Welt im Außen, also meinen Job, mein Umfeld, etc. gestalten möchte. Ich beschäftige mich dafür mit verschiedensten Themen, mit denen ich mich gerade auseinandersetzen möchte. Gerade beschäftige ich mich zum Beispiel stark mit Gleichberechtigung und der Perspektive des „weißen Feminismus“. Mein Wissen kann ich dann wiederum in meiner Arbeit als Coachin nutzen, um andere Menschen zu unterstützen. Ich finde es wichtig, dass wir als Gesellschaft ein Bewusstsein dafür bekommen, dass wir Krisen und Probleme lösen können. Und dass ein allererster Schritt dafür immer die Auseinandersetzung mit mir selbst ist. Gleichzeitig sollten wir immer im Auge behalten, dass eine reine Konzentration auf unsere eigene Entwicklung nicht dazu führt, dass sich von jetzt auf gleich unsere Systeme verändern.
Für einen gesellschaftlichen Wandel brauchen wir beides: Die eigene Weiterentwicklung und gezielte Maßnahmen, die letztendlich dann auch Veränderung bewirken.
Für mich bedeutet das konkret, dass ich Menschen dabei unterstützen möchte, selbst aktiv zu werden. Dabei müssen wir nicht alle von heute auf morgen Aktivist*innen werden. Veränderung zu bewirken kann ganz individuell aussehen und umgesetzt werden. Am Ende geht es mir darum, dass wir als Gesellschaft das Bewusstsein dafür bekommen, dass viel mehr möglich ist, als wir immer denken. Und dass sich jede*r von uns, sofern wir bereit sind, uns auch mit bestimmten Themen auseinanderzusetzen, Teil der Veränderung sein kann. Sei es als Unternehmer*in, als Angestellte*r oder als Aktivist*in. Veränderung zu bewirken ist in ganz unterschiedlichen Formen möglich.
Gestern Abend bin ich dann noch über den Post von Sophia Hoffmann gestolpert, die in ihrem Post genau über die Gefühle spricht, die ich auch spüre. Nämlich oft das Gefühl zu haben, dass die eigene Leistung nicht reicht, dass sie selbst nicht genug tut bzw. dass ihre Handlungen nicht ausreichen. Sie hat für sich den Weg der eigenen Unternehmensgründung gewählt und gestaltet mit ihrem veganen Restaurant und Low Waste Konzept die Gastronomielandschaft nachhaltiger.